Teil 2 der Interview-Serie "Schluss mit unglücklichem Langzeit-Single-Dasein"
Nikola Becker war 8 Jahre lang Single. Als sie sich von ihrem Mann trennt, mit dem sie vier Kinder hat und 17 Jahre verheiratet war, hat dieser bereits seit zwei Jahren eine Affäre mit einer Kollegin.
Wie kam es zur Trennung von deinem Mann?
Ich hatte schon einige Zeit geahnt, dass mein Mann eine Geliebte hat, wollte es aber lange nicht wahrhaben. Bis zu dem Zeitpunkt, als er mir rein "hypothetisch" die Frage stellte, was denn wäre, wenn er fremdgehen würde. Auch wenn er es leugnete, war mir in dem Moment klar, dass dies nicht nur eine theoretische Frage war. Das traf mich sehr. Es fühlte sich an, als würde ein Messer in meiner Brust stecken. Meinen Verdacht äußerte ich noch mehrere Male, aber er gab es weiterhin nie zu. Ich setzte ihm mehrmals eine Frist und trennte mich schließlich von ihm. Im Nachhinein wurde mir auch bewusst, dass einige "zufällige" Treffen geplant waren, bei denen wir seine Geliebte und ihren Mann sahen und sie dann auch noch so tat, als sei sie meine Freundin.
Wie ging es dir in der ersten Zeit, als du Single warst?
Drei Wochen nach der Trennung starb auch noch mein Vater, zu dem ich eine sehr enge Beziehung hatte. Das machte es besonders schwer für mich. Mein Mann versuchte noch fünf Mal, mich zurück zu gewinnen. Das kam aber für mich jetzt nicht mehr in Frage. In ein ganz tiefes Loch fiel ich ein Jahr der Trennung. Ich hatte keine Kraft mehr, mich dagegen zu wehren, als mein Mann mich als labil darstellte und mir die beiden jüngeren Kinder durch das Jugendamt wegnehmen ließ. Mir war klar, dass er dies nicht machte, weil er so an den Kindern hing. Im Gegenteil: Es ging ihnen nicht gut bei ihm. Eine Tochter wurde magersüchtig und die andere versuchte, sich mit Tabletten das Leben zu nehmen. Das Haus konnte ich jetzt finanziell auch nicht mehr halten. Ich habe lange gebraucht, um mich von all dem zu erholen.
Und später?
Gefangen habe ich mich im letzten Frühjahr, als mir bewusst wurde, dass ich stark zugenommen hatte und ich beschloss, dass sich etwas ändern muss. Wenn ich etwas beschließe, ziehe ich das konsequent durch. Ich habe meine Ernährung radikal umgestellt und viel Sport getrieben. Dadurch habe ich innerhalb eines knappen Jahres 33 Kilo abgenommen.
Auch wenn ich inzwischen ganz gerne nicht mehr alleine bleiben wollte, war ich nicht darauf fixiert, wieder einen Mann kennenzulernen.
Wie hat dein Umfeld darauf reagiert, dass du Single bist?
Ich habe immer deutlich gemacht, dass ich auch gut alleine klar komme. Handwerkliche Arbeiten kann ich gut selber durchführen, und ich habe viele Hobbies.
Meine beiden besten Freundinnen sind verheiratet und waren sogar froh über die Trennung, weil sie mit meinem Ex-Mann nicht gut klar kamen und wussten, dass es mir nicht gut mit ihm ging. Auch später war es kein Thema, dass ich Single und sie verheiratet waren. Nur ein guter alter Freund wollte mich einmal verkuppeln, was ihm aber nicht gelang, weil ich ihm deutlich sagte, was ich davon hielt. Das hat er dann akzeptiert und es nicht mehr versucht.
Bei meiner Familie war das schwieriger. Mein Ex-Mann hatte nach der Trennung noch engen Kontakt zu meiner Mutter. Auch mein jüngerer Bruder lud ihn mit seiner neuen Partnerin zum Kaffee ein, und sie konnten nicht nachvollziehen, dass das für mich ein Problem war. Meine Eltern waren auch die treibende Kraft, meinen Ex-Mann dazu zu bringen, mich zu heiraten, als ich schwanger war.
Wenn ich auf Feiern eingeladen war, reagierten Frauen oft eifersüchtig auf meine Freiheit, oder sie hatten Sorge um ihre Männer. Von Männern fühlte ich mich oft als Sexobjekt betrachtet.
Hast du etwas unternommen, um nicht mehr alleine zu bleiben, und welche Erfahrungen hast du dabei gemacht?
Ich habe mich vor zwei Jahren in Partnerbörsen eingetragen, und da ich Menschen sehr gut einschätzen kann, achte ich bei den Profilen auf bestimmte Dinge, vor allem auf ein sympathisches Gesicht - ohne Sonnenbrille und auf eine gepflegte Erscheinung. Leider gibt es nicht so viele davon. Der Umgang miteinander ist auf solchen Portalen meistens sehr oberflächlich und unsensibel. Viele sind nur an Selbstdarstellung oder einer schnellen Affäre und gar nicht an einer ernsthaften Beziehung interessiert. Ich merke beim Schreiben schnell, ob jemand in Frage kommen könnte. Mit einem egoistischen, unaufmerksamen Mann kann ich nichts anfangen. Mit einigen wenigen habe ich eine Weile zwanglos geschrieben.
Zwei Dates ergaben sich daraus, die von den Männern ausgingen, aber weniger erfreulich verliefen. Das machte mir aber wenig aus, weil ich keine festen Erwartungen hatte. Ein Mann äußerte direkt beim ersten Treffen Kritik an meinen Hobbies und bezweifelte, ob ich überhaupt genug Zeit für ihn hätte. Er selber stellte den Fußball aber über eine Beziehung. Beim zweiten Date versetzte er mich und blockte den Kontakt zu mir im Portal. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es die meisten Männer schon stört, wenn man nicht direkt in ihrer Nähe wohnt und man nicht ständig zur Verfügung steht.
Schließlich habe ich jetzt unerwartet über eine Single App jemanden kennengelernt, mit dem ich mir seit langem wieder eine Beziehung vorstellen kann.
Ist es schwierig für dich, wieder eine Beziehung eingehen zu können?
Ich konnte mich lange auf keine neue Beziehung einlassen. Es ist schwierig zu vertrauen, da ich lange betrogen wurde. Auch jetzt fällt es mir noch schwer, mich ganz zu öffnen. Mein neuer Partner ist offener und nicht so in sich gekehrt wie mein Ex-Mann. Ich habe die Hoffnung, dass es diesmal funktioniert, wenn er mir viel Zeit lässt und auf mich eingeht. Wenn Schwierigkeiten auftauchen, versuche ich immer bei mir und meinen Empfindungen zu bleiben und nicht einfach die Schuld auf andere zu schieben. Das erleichtert einen guten Umgang miteinander - auch mit meinen Kindern. Ich habe kein Problem damit, einen Fehler zuzugeben. Auf eine Beziehung bin ich aber auch weiterhin nicht fixiert.
Wie siehst du deine Ehe heute mit mehr Abstand, und welche Erkenntnisse ziehst du daraus?
Heute verstehe ich, dass meine Persönlichkeit immer mehr während meiner Ehe verloren ging. Mein Ex-Mann versteht es, andere geschickt mit Worten zu manipulieren. Mein Selbstwertgefühl und meine Lebensfreude haben sehr darunter gelitten. Ich konnte nicht mehr lachen. Er hatte selber keine Freunde, und schon den Kontakt zu meinen Freundinnen hat er mir nicht gegönnt. Drei Eheberatungen hat er immer in dem Moment abgebrochen, als es tiefer ging und er sich mehr einbringen musste. Inzwischen sind insgesamt drei seiner Ehen gescheitert, aber er sieht die Probleme nach wie vor nur bei den Frauen. Das Schlimmste für mich war jedoch, dass er auch unsere Kinder manipulierte.
Seit mir bewusst wurde, dass er selber große Probleme hat und mir immer nur eingeredet hat, dass ich sie habe, konnte ich entspannter und wieder mehr ich selber werden. Während meiner Ehe war ich nicht in der Lage, dies zu erkennen. Ich habe auch erkannt, dass meine Partnerwahl unbewusst mit den Prägungen aus dem schwierigen Verhältnis zu meiner Mutter zu tun hatte, die sehr dominant und kritisch war. Meine Erfahrungen versuche ich jetzt an meine Kinder weiter zu geben und ihnen damit zu helfen.
Was würdest du dir von einer Beratung wünschen?
Mir wäre wichtig, nicht in eine bestimmte "Psychologie-Schublade" gesteckt zu werden und mit Jemanden zu sprechen, der Ähnliches erlebt hat und deshalb echte Empathie empfinden kann. Ich finde auch Zuhören wichtiger als Sprechen. Beim Erzählen wird mir selber vieles klarer. Es wirkt nach und kann sich von selber lösen.
Welchen Rat würdest du Frauen geben, die gerne wieder eine Beziehung eingehen würden?
Wenn eine Frau jemanden kennengelernt hat, aber Zweifel hat, mit diesem Mann eine Beziehung einzugehen und noch überlegt "vielleicht oder nicht", sollte sie es besser lassen. Sie sollte sich schon sicher dabei sein. Wenn sie sich aber dafür entschieden hat, sollte sie es auch durchziehen und nicht beim ersten Problem wieder weglaufen. Schwierigkeiten sollte sie ansprechen und erklären, warum sie ein Problem hat, vielleicht wegen Verletzungen aus einer früheren Beziehung. Der Partner kann das nicht wissen, wenn man nicht darüber spricht.